„Ich werde hier für den Menschen geschätzt, der ich bin“

Arbeiten als Muslima in einem katholischen Krankenhaus

„Ich werde hier für den Menschen geschätzt, der ich bin“

24. Oktober 2023

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Be my valentine, liebe:r Kolleg:in

Krankenschwester Sevda arbeitet seit bald vier Jahren im Sankt Gertrauden-Krankenhaus in der Geburtshilfe und Frauenheilkunde. Als waschechte Berlinerin und Tochter einer türkischen Gastarbeiterfamilie wuchs sie in Berlin mit dem islamischen Glauben auf und trägt ein Kopftuch. Im Interview erzählt sie uns, wie es ist, als Muslima in einem christlichen Krankenhaus zu arbeiten und warum sie Menschen jeder Religion und Herkunft empfiehlt, sich für einen Job im Gertrauden zu bewerben.

Sevda, du bist seit fast vier Jahren im Sankt Gertrauden-Krankenhaus. Wie blickst du, auch in Bezug auf deine Religion, auf diese Zeit?

Obwohl ich durch meinen Glauben in einem katholischen Krankenhaus vielleicht etwas „anders“ als die meisten bin, wurde ich von meinem Team damals sehr herzlich in Empfang genommen. Seitdem ich hier bin, fühle ich mich im gesamten Haus sehr wohl und komme jeden Tag gerne zur Arbeit. Bisher habe ich keine Ausgrenzung oder Auseinandersetzung wegen meiner Religion erfahren. Mein Glaube war einfach nie ein Thema, weder bei Kolleg:innen, noch bei Patient:innen. Für ältere, meist nicht muslimische Patient:innen bin ich oftmals die Schwester mit Kopftuch, wenn sie sich meinen Namen nicht merken oder richtig aussprechen können. Dass sie mich so nennen, finde ich aber gar nicht schlimm, denn sie haben ja recht: Ich bin die Schwester mit dem Kopftuch. Oftmals höre ich von Patient:innen, dass ich eine sehr nette und liebevolle Schwester bin. Darauf antworte ich dann immer, dass die türkische Bedeutung meines Namens „Liebe“ ist. Danach handle ich auch.

Du wirst also nicht auf deine Religion oder dein Aussehen reduziert?

Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich werde mit der Herzlichkeit und der Liebe in Verbindung gebracht, mit der ich die Patientinnen und Patienten tagtäglich versorge. Denn egal welcher Religion man angehört: Das Wichtigste bei der Arbeit in der Pflege ist Barmherzigkeit und Gewissenhaftigkeit. Und diese Werte sind auch das, was alle Religionen eint. Und diese spielen eine große Rolle, wenn man mit Menschen zusammenarbeitet, die auf Hilfe angewiesen sind.

"Das sind schöne Momente, in denen ich mich noch mehr angenommen fühle."

Erinnerst du dich an eine Situation, in der deine Religion einen positiven Einfluss hatte?

Ich merke, dass sich andere Frauen, die auch ein Kopftuch tragen, zu mir zugehörig fühlen. Wenn wir muslimische Patientinnen auf der Station haben – und dabei ist es ganz egal aus welchem Land sie kommen – lachen sie mich erstmal an. Dann lacht das ganze Gesicht, das kann man an den Augen sehen. Sie freuen sich dann sehr, mich zu sehen und möchten, dass ich sie versorge. Das sind schöne Momente, in denen ich mich noch mehr angenommen fühle.

Was ist für dich als Muslima wichtig, um die Arbeit im Krankenhaus mit deinem Glauben zu vereinbaren? Gibt es für dich hier irgendwelche Einschränkungen?

Nein, für mich gibt es keine Einschränkungen. Ich habe mich auch noch nie diskriminiert oder außen vorgelassen gefühlt. Was mir wichtig ist, um die Arbeit mit meiner Religion zu vereinbaren, ist vor allem das Gewissen. Mein Anspruch an mich – und das erwarte ich auch von meinen Kolleginnen und Kollegen – ist gewissenhaft und mit Liebe zu arbeiten. Diese Werte gehören zu mir, sie hängen aber auch stark mit meiner Religion zusammen. Wenn ich nach einem Arbeitstag nach Hause gehe und ich das Gewissen habe, dass ich viele Menschen heute so versorgt und gepflegt habe, wie sie es gebraucht haben, dann bin ich glücklich. Und dieses Gewissen zu haben ist für mich persönlich das wichtigste, um meinen Beruf mit meinem Glauben zu vereinbaren.

Gehört es für dich auch dazu, während der Arbeit zu beten?

Das mache ich zuhause, also vor und nach meiner Schicht. Zeitlich würde ich die fünf Gebetszeiten am Tag nicht einhalten können. Aber es ist okay für mich, dass ich das davor und danach mache.

Unterschiedliche Religionen und Sichtweisen bereichern das Team

Beeinflussen die unterschiedlichen Kulturen und Religionen die Arbeit im Team?

Ja, und zwar auf eine sehr positive Art und Weise. Denn jede:r bringt sein eigenes Wissen, seine Religion und seine eigene Wahrnehmung mit. Diese unterschiedlichen Einflüsse und Sichtweisen bereichern das Team.

Warum hast du dich für das Gertrauden als Arbeitgeber entschieden?

Bevor ich im Gertrauden angefangen habe zu arbeiten, habe ich mich auch bei anderen Häusern beworben. Zu dieser Zeit habe ich viel hospitiert. Aber die Atmosphäre und das familiäre Arbeiten haben mich für einen Job hier im Haus überzeugt. Vor meiner Zeit im Gertrauden war ich fast 12 Jahre lang Pflegedienstleiterin und habe in der ambulanten Palliativpflege gearbeitet. Ich hatte sehr große Verantwortung und war mit sterbenden Patient:innen auf mich alleine gestellt. Diese Verantwortung wollte ich nicht länger übernehmen. Außerdem war das Arbeiten mit Patient:innen am Lebensende psychisch sehr belastend. Daraus hat sich für mich der Wunsch entwickelt, stationär zu arbeiten – und zwar nicht mehr im palliativen Bereich, sondern mit Menschen, die am Anfang des Lebens stehen. Nun bin ich auf der Wochenbettstation im Sankt Gertrauden-Krankenhaus gelandet und bin seit fast vier Jahren sehr glücklich Teil des Teams zu sein.

Sevda, vielen Dank für deine Zeit.

Noch Fragen?

Klar, wir wollen uns gut darstellen, damit wir für Dich/Sie attraktiv sind. Aber wir wollen uns hier nicht anders zeigen als wir sind. Unsere Kolleginnen und Kollegen überzeugen sowieso am meisten. Wenn es also noch offene Fragen gibt, hilft unsere Personalabteilung gerne weiter: 030 8272 2424

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